Posted by on 2. August 2021

Jeder Pferdebesitzer ist bemüht, sein Pferd optimal zu halten.
Aber was ist die ideale Pferdehaltung oder was ist ideal für mein Pferd?

Viel Bewegung, ist wichtig bei der idealen Pferdehaltung

Das ist schon einmal sicher und daran gibt es nichts zu rütteln.

Wo es dann schon wieder schwieriger wird ist, auf welchem Boden? Trocken, damit es nirgends matscht und die Hufe und die Pferdebeine gesund bleiben? Aber ist das wirklich so einfach?
Ist der Boden zu trocken leidet auch schon mal die Hornqualität und die Hufe werden spröde und neigen zu Zwanghufen und splitternden Hufwänden. Natürlich ist diese Art von Boden leichter sauber zu halten und hygienischer.

Außerdem sind trockene Böden oft steinig und nicht besonders angenehm für unsere Pferde.
Matschige und weiche Böden haben auch ihre Berechtigung. Sie fördern die motorischen Fähigkeiten unserer Pferde, sind gelenkschonender und versorgen die Hufe mit der Feuchtigkeit und Mineralien aus dem Boden. Mineral- und Tonerde wird ja schließlich auch in der Kosmetik hoch gepriesen.

Also was ist in der Pferdehaltung wirklich das Problem?

Das wirkliche Problem ist, dass wir unsere Pferde – sei es aus Platzmangel oder aus praktischen Gründen – nicht so divers halten können, wie sie es eigentlich bräuchten.
Unterschiedliche Böden verbessern die Propriozeption, trainieren die Muskulatur und das Nervensystem und schützen vor Verletzungen.
Zu viele Pferde auf einer weichen Koppel verursachen Schäden an der Grasnarbe und die Rutschgefahr und damit die Verletzungsgefahr für die Pferde vergrößert sich.

Überlegen wir also weiter.

Viel Bewegung bedeutet viel Platz. Kein Pferd wird sich auf einer kleinen Portionsweide wirklich bewegen. Solche Weiden dienen eigentlich nur der Nahrungsaufnahme. Schade eigentlich, denn Weiden sind so viel mehr.
Spiel- und Tummelplatz, Balsam für die Seele, soziales Stell-Dich-Ein, pflanzliche Apotheke und Naschplatz in Einem.

Naschen ist nicht gleich Vollfuttern

Aber wie werde ich dann Pferden gerecht, die sich aufgrund ihres geringen Energiebedarfs eben nicht den ganzen Tag auf einer grünen Wiese vollfressen können?
Eben nur über die Vegetation auf der Weide. Pferde stammen aus der Steppe und wer schon einmal Steppen gesehen hat der weiß, dass Steppen selten grün sind.
Auf Steppen wachsen harte, trockenheitsresistente Gräser und Kräuter, die eben nicht so toll schmecken. Sie müssen lange gekaut werden und enthalten wenig Zucker, dafür viele sekundäre Pflanzenstoffe und Rohfaser.

Vielleicht sollten wir einsehen, dass eine optimale Pferdeweide eben nicht satt grün ist. Sondern teilweise eben auch voller Disteln, Ampfer und Brennnesseln. Voller Blumen und Büsche.
Vielleicht muss eine Koppel eben nicht bedingungslos schmecken.
Und vielleicht müssen Pferde eben nicht den ganzen Tag mit dem Kopf unten und grasend auf der Weide stehen.

Wirtschaftlich oder artgerecht – ist das in der Pferdehaltung vereinbar?

Leider steht ein solches Weidemanagement einer wirtschaftlich gewinnbringenden Pferdehaltung, die über den Weidegang im Sommer Futtermittel einsparen möchte entgegen. Aber will ich Pferde wirklich vernünftig halten, dann wird es schwierig mit der Wirtschaftlichkeit, mit Arbeitsoptimierung und Zeitersparnis.
Das ist allerdings nicht nur in der Pferdehaltung so.

Eigentlich ist das in jedem Beruf und in jeder Sparte des Lebens so.
Die Wirtschaftlichkeit ist viel zu sehr in das Zentrum unseres Handelns gerückt. Sie zerstört Lebensräume, Arbeitsplätze, unser Wohlbefinden und unsere Gesellschaft. Sie fördert nur den Reichtum weniger, die sich aber umso vehementer gegen Einschnitte in ihre Lebensgewohnheiten wehren.

Koppel in der Nacht stresst

Pferdehaltung auf der Koppel im Dunkeln

Und dann ist da noch die Frage 24/7 Koppel, Box oder Stall, Tagweide oder Nachtweide usw.

Grundsätzlich sollten wir uns dazu einmal das Modell Pferd, seine “Ausstattung” und seine Verhaltensweisen anschauen.

Das Pferd ist ein Fluchttier. Dabei verlässt es sich extrem auf seinen weitwinkligen Gesichtssinn und seine Fähigkeit auch kleine Bewegungen früh zu erkennen. Was ein Pferd nicht besitzt ist eine gute Nachtsicht. Es hat kein ausgeprägtes Tapetum lucidum, das als Restlichtverstärker wirken könnte.

Daher macht eine nächtliche Koppelhaltung wenig Sinn. Sie steigert nicht nur die Verletzungsgefahr.
Außerdem waren der Wolf und einige Raubkatzen schon immer die größten Fressfeinde unserer Pferde. Und diese Tiere jagen größtenteils in der Nacht. Es liegt unseren Pferden sozusagen in den Genen, nachts draußen auf der Weide gestresst und in erhöhter Fluchtbereitschaft zu sein. Vor allem die älteren Pferde über 15 Jahren, unsere Oldies sozusagen sind davon betroffen.
Deshalb bedeutet Pferde nachts draußen zu halten erhöhten Stress, es vermindert ihr körperliches und seelischen Wohlbefinden und führt häufiger zu stressassoziierten Erkrankungen wie Magengeschwüren, Cushing oder EMS.

Darüber gibt es gerade eine interessante Studie, die auch in der Zeitschrift Pferde.de und horsetalk nachzulesen ist.

Eine gemütliche kuschelige Nachtruhe im geschützten Stall und ein weiches Nachtlager hilft unseren Pferden Stress abzubauen und sich wohl zu fühlen.

Wer hätte das gedacht. Fast menschlich, oder?