Aus gegebenem Anlass möchte ich mich hier aus immunologischer Sicht zu den Pros und Contras der Herpes- Impfung äußern.
Grundsätzlich machen Impfungen nur dann Sinn, wenn eine Krankheit auch hauptsächlich über humorale Antikörper bekämpft wird.
Viele Atemwegserkrankungen werden nicht oder nur in Ausnahmefällen und in einem späten Stadium über das humorale System (also antikörperabhängig) bekämpft. Das liegt vor allem daran, dass sich diese Viren hauptsächlich auf den Schleimhäuten befinden und die Schleimhautoberfläche keine gute Verbindung zum Blutgefäßsystem hat.
Diese Atemwegsinfekte müssen besiegt und bekämpft sein, bevor sie in die tieferen Schichten des Gewebes eindringen. Also auch bevor sie Kontakt mit dem Blutgefäßsystem und den Antikörpern (IgM und IgG) haben.
Das geschieht vor allem über die lokale Abwehr ortsansässiger Immunzellen, T-Zellen und Makrophagen und dem alten, unspezifischen Teil des Immunsystems. Aber auch über die Schleimhaut-gebundenen Antikörper, das IgA.
Ein weiterer Grund warum bestimmte Viren nicht über das humorale System bekämpft werden ist, dass diese Viren nicht stabil genug sind. Das heißt, sie verändern ihre Oberflächenantigene und Proteinstrukturen sehr oft. Impfungen, die ja mehrere Jahre zur Entwicklung brauchen, sind wenn sie dann endlich eingesetzt werden, nicht mehr besonders wirksam. Genauso würde es auch den im Körper gebildeten Antikörpern gehen. Kaum gebildet sind sie auch schon veraltet und der Körper besitzt eine Plasmazelle, 12 bis 20 Jahre überlebend, die gar keine Wirkung mehr hat. Das dann jedes halbe Jahr… das wäre sehr uneffektiv.
Dankenswerter Weise ist unser Immunsystem da schlauer.
Die Erkennung solcher Viren erfolgt über Toll-like-Rezeptoren. Diese Rezeptoren erkennen generelle Strukturen, die allen Viren und Bakterien eigen sind, egal welche Krankheit sie auslösen.
Und wie oben erwähnt erfolgt die Abwehr über die lokale, ortsansässige und die zelluläre Abwehr.
Deshalb schlagen Herpes- und Influenza-Impfungen auch sehr schlecht an. Bedeutet: selbst wenn Pferde religiös alle halbe Jahr geimpft werden, lassen sich ganz selten gute Antikörpertiter nachweisen. Und, so wahnsinnig das klingt, das ist in manchen Fällen auch gut so.
Als Beispiel: Der Virusabort bei den Stuten, ausgelöst durch das EHV-1
Untersuchungen haben gezeigt, dass gerade Stuten mit einem sehr hohen Titer and EHV-1 Antikörpern am häufigsten Abortieren. Stuten ohne Antikörper dagegen fast nie.
Denn das mit dem Herpes ist nicht so einfach. Es ist nicht schwarz oder weiß, Herpes oder kein Herpes.
Man geht davon aus, dass 90% unseres Pferdebestandes bereits Herpes infiziert sind. Denn das Herpesvirus hat die Fähigkeit, sich in unseren Körperzellen vor unserem Immunsystem zu maskieren. Unser Immunsystem duldet den Eindringling, es bekämpft ihn nicht, so lange nicht ein Auslöser dazu kommt oder das Virus aus den Zellen des Körpers freigesetzt wird.
Das geschieht vornehmlich dann, wenn es in eine Vermehrungsphase übergeht, also während eines Krankheitsausbruchs.
Sie vermindert den leichten Verlauf des EHV4. Den Verlauf, der Fieber und in einigen Fällen – aber nicht immer – auch Husten auslöst.
Dagegen ist die Impfung fast völlig unwirksam beim EHM Verlauf und wie oben beschrieben fast schon zuträglich bei den Virusaborten.
Dies bestätigen übrigens auch Herr Prof. Feige von der Ständigen Impfkommission Veterinär und Prof. Thein in ihrem Interview mit der Cavallo.
Ein klares Nein.
Nicht nur, weil man generell nicht in einen Bestand mit hohem Infektionsdruck hinein impft. Es gibt wahrscheinlich sehr viele Pferde, die sich gerade im Stillen und ohne viele Symptome mit dem Herpes-Virus auseinander setzen.
Impfungen schwächen immer die momentane Abwehr und sollten deshalb nur zu Zeiten eines niedrigen Infektionsdrucks verabreicht werden.
Und mal etwas zum Nachdenken. Die Pferde, die gerade an der EHM sterben sind konsequent halbjährlich durchgeimpfte FEI Turnierpferde. Denen hat die Impfung offensichtlich aber auch gar nichts geholfen.
Die Zauberformel heißt:
Es macht keinen Sinn, während gerade ein Infektionsdruck besteht, panisch nach der Impfung zu schreien, um die EHM zu verhindern. Dazu ist die Impfung auch gar nicht in der Lage.
Es macht auch keinen Sinn, noch ganz schnell allergische Pferde oder Pferde die vorher schon schlecht auf die Impfung reagiert haben zu impfen. Denn wie einige Studien zeigen, hat die Impfung durchaus das Potential, das Allergie-Geschehen zu verschlimmern.
Und wie ich aus persönlicher Erfahrung von vor 2 Wochen sagen kann: Ja, es sterben Pferde an der Herpes-Impfung, wenn sie vorher schon Anzeichen einer Unverträglichkeit gezeigt haben. Auch junge Pferde.
Noch weniger sinnvoll ist es, Stuten während der Trächtigkeit gegen Herpes zu impfen. Ein gutes Hygiene-Management um infizierte Stuten von Jungstuten zu trennen wäre wesentlich effektiver.
Was ich dennoch zu bedenken geben möchte:
Das tierische Immunsystem entspricht fast genau dem des Menschen.
Verhindert die Influenza-Impfung beim Menschen den schweren Verlauf? Nein.
Werden wir alle halbe Jahr gegen alles mögliche geimpft? Nein.
Und warum nicht. Weil Impfungen, wenn sie denn eine Immunität auslösen, die Bildung von Gedächtniszellen hervorrufen, die eine Lebensdauer von 12-20 Jahren haben. Das heißt, ist ein Impfstoff dazu geeignet, eine Antikörperantwort auszulösen, muss ich so lange nicht mehr impfen, bis die Gedächtniszellen gestorben sind.
Ist ein Impfstoff nicht in der Lage, eine Antikörperantwort auszulösen muss ich ihn auch nicht impfen. Denn dann verfügt unser Körper über andere Mittel und Wege, mit dem Virus fertig zu werden und braucht nicht die ständige Belastung einer halbjährlichen Impfung, die nichts bringt hinsichtlich einer Antikörperantwort.